Der Hase mit Karotte

Es war Abendbrotzeit, der Duft von frisch gebackenem Brot zog durchs Haus. Lisa saß an ihrem Schreibtisch und malte ein Bild vom Märchenland. Die Zimmertür öffnete sich, Mama kam herein und schaute auf das Zeichenpapier. „Na meine Kleine, das wird aber ein schönes Bild. Ich habe uns ein frisches Brot gebacken, wenn es abgekühlt ist, wollen wir essen." Dann streifte ihr Blick über den Schreibtisch, „Oh was ist denn das! Da steht ja noch der Hase mit Karotte. Ich lege ihn in den Karton, zu den anderen Ostersachen.“ „Nein stell ihn nicht weg! Ich finde ihn so lustig. Er soll hier bleiben.“ Lisas Mutter nickte lächelnd. Als sie das Zimmer wieder verließ warf Lisa ihr einen erfreuten Blick zu, weil sie ihr den Hasen da gelassen hatte.

 

„Was Osterhasen wohl im Sommer machen?“, meinte Lisa und sah den Hasen mit fragenden Augen an. Im nächsten Augenblick schweiften ihre Gedanken fort ins Osterland. Sie landete mitten auf einer mit Gänseblümchen übersäten Wiese zwischen Häusern, die die Form von halben Eiern hatten. „Es sieht hier aus, wie in meinem Märchenland!“, murmelte sie vor sich hin. „Hallo Lisa, ich möchte dir mein Dorf zeigen.“ Plötzlich war auch der Hase auf der Wiese und stand neben ihr, doch irgendetwas war anders an ihm. „Das ist ja super“, lachte Lisa. „Wo hast du deine Karotte gelassen?“, merkte sie gleich darauf. „Folge mir einfach! Dann erfährst du alles, was du wissen möchtest“, antwortete der Hase. Sie liefen einen Hügel hinauf, vorbei an den eiförmigen Häusern. Vor einem Haus saßen zwei Hasen auf Schaukelstühlen, tranken Tee und grüßten freundlich. Der Weg war sandig und steil. An den Seiten wuchsen hohe Birken, eingerahmt von Brombeer- und Himbeersträuchern.

Als sie an der letzten Birke angekommen waren, bogen sie nach rechts auf ein großes Gemüsefeld ab. Hier herrschte reges Treiben. Mehrere Hasen mit großen Strohhüten auf dem Kopf waren damit beschäftigt, das Unkraut aus dem Beet zu entfernen. „Schau! Im Sommer bauen wir Gemüse an. Am allerliebsten mögen wir Karotten. Aber hier gibt es auch noch Salat, Kohlrabi, Radieschen, Gurken und anderes Gemüse.“ Lisa und der Hase stützten sich auf einen Zaunpfahl und sahen eine Weile zu. „Hallo, Kurt!“, rief ein hagerer Hase mit weißem Schnurrbart erfreut.

„Wer ist das?“, Lisa musterte den schmalen Hasen, dessen lange Ohren aus dem Strohhut herausragten. „Das ist mein Opa“, antwortete Hase Kurt. Der alte Hase kam auf die beiden zu, legte Kurt seine Pfote auf die Schulter und sagte: „Mein Junge, du kommst gerade richtig. Ich habe die größte Karotte des Tages gefunden. Hier sieh mal, nimm die bitte fürs Abendessen mit nach Hause und wer ist die kleine Lady?“ „Das ist meine Freundin Lisa. Sie ist heute zu Besuch.“ „Nett! Du magst doch Karottensuppe?“, der Großvater wartete Lisas Antwort nicht ab, „dumme Frage, jeder mag Karottensuppe. Ich geh dann mal wieder an die Arbeit!“, sagte er und zupfte gleich weiter Kraut aus.

Nun nahm Kurt die Karotte unter den Arm und Lisa flüsterte ihm zu: „So gerne mag ich Karottensuppe aber nicht!“ „Das würde Opa nicht verstehen, ich verstehe das, du bist ja kein Hase“, schmunzelte Kurt. „Bis nachher Opa“, rief er noch und ging mit Lisa den Hügel wieder hinab. Kurz darauf kamen sie an einen kleinen Bach und machten es sich im Schatten einer großen Weide gemütlich. Am Ufer des Baches wuchsen Wildblumen und Schmetterlinge flatterten um sie herum.

 

„Lisa, Essen!“, schallte es aus der Küche und riss Lisa aus ihrem Traum. „So, du heißt also Kurt! Auf den Namen wäre ich nie gekommen. Danke lieber Hase, nun weiß ich was Osterhasen im Sommer tun und warum du immer mit dieser Karotte rumschleppst!“ Lisa zwinkerte dem Hasen zu und lief zu ihrer Mama in die Küche.

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